Die Gartenstadt

Gartenstadt

In Haan aufgewachsen, hat sich seit meiner Kindheit der Begriff Gartenstadt eingeprägt, auch wenn nicht eindeutig klar war, woher er eigentlich kam und was damit genau zum Ausdruck gebracht werden sollte. Als landläufige Erklärung dienten die vielen großen und langen Gärten, die sich mehrheitlich hinter den Gebäuden erstreckten.

Seit 2016 gibt es einen Ratsbeschluss, dass Haan den Beinamen Gartenstadt als besonderes Erscheinungsmerkmal  führen wird.

Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts führte zur Stadtflucht mit erbarmungswürdigen Wohnverhältnissen . Städtebauliche Konzepte wurden diskutiert, die das Wohnumfeld  verbessern und den weiteren Zuzug in die Städte bremsen sollten.

Das genossenschaftliche Konzept der Gartenstadt von dem Briten Ebenezer Howard sah eine streng geometrische Stadtplanung mit Flächen für Bildung, Kultur, Gewerbe und Industrie, Einzelhandel mit entsprechenden Grüngürteln und der Möglichkeit der Selbstversorgung außerhalb der Großstädte vor. Damit sollten Mietpreisexplosionen verhindert und ein gesundes Leben zu günstigen Konditionen ermöglicht werden.

Tomorrow, a Peaceful Path to real Reform und Garden Cities of Tomorrow  , erfolgreiche Bücher von E. Howard  behandeln seine Vision der Gartenstadt.

Diese reine Form hatte sich jedoch auf Dauer als zu starr erwiesen, mutierte aber zum Selbstläufer, der sich u.a. auch in Deutschland großer Beliebtheit erfreute und die Stadtplanung gesunder Stadtteile bzw. Siedlungen nachhaltig beeinflusste.

Nach der Gründung der Garden City Association in 1899  und der Deutschen Gartenstadtgesellschaft in 1902 wurden diverse Projekte in England , Deutschland  und dem westlichen Europa in Angriff genommen. Viele dieser Siedlungen sind bis heute erhalten und wurden unter Denkmalschutz gestellt. So z.B. Hellerau (Dresden), Margarethenhöhe (Essen) und Gartenstadt Karlsruhe-Rüppurr.

Die Deutsche Gartenstadtbewegung war ein Zusammenschluss engagierter Bürger, von Künstlern und Architekten.

Der Garten- und Landschaftsarchitekt Lebrecht Migge entwickelte Gartentypen die auf kleinem Raum eine optimale Ausnutzung und   Ertrag gewährleisten sollten, um die Selbstversorgung der Familien mit geringen Mitteln sicherstellen zu können. Er leistete Hilfestellung mit Mustergärten zur Schulung der Bewohner. Für den kleinen Raum favorisierte er das Anpflanzen von Obstspalieren. Die Umsetzung war nicht so erfolgversprechend wie das Konzept.

Hermann Muthesius, Architekt, war von 1896 bis 1903 technischer Attaché für Architektur der deutschen Botschaft in London und wirkte maßgeblich  in der Deutschen Gartenstadtgesellschaft mit.

Die Villenkolonie in Büderich hat er mitgestaltet. Sie wurde vom Regierungspräsidenten 1912 als Gartenstadt genehmigt. (Gartenstadt Meerbusch) Im Gegensatz dazu waren die Bemühungen von Haan, Stadtrechte zu bekommen  und die Bezeichnung Gartenstadt zu tragen, erfolglos.

Die Stadtrechte  wurden Haan in 1921 verliehen, die Bezeichnung Gartenstadt überlebte im Volksmund.

Die Blütezeit der Gartenstadt war vor dem zweiten Weltkrieg.  In der Raumplanung trat die Einfamilienhaussiedlung als Ideal ihren Siegezug an.

August Lomberg verband in seinem Heimatbuch von 1928 die vielen Ostbäume, insbesondere die stattlichen Birnenbäume, mit der Gartenstadt.

Für Haan hat sich der Kreis jetzt mit der neuen Beschilderung und dem Zusatz Gartenstadt als Erscheinungsmerkmal geschlossen.

Es ist zu wünschen, dass die Gestaltung der Freiflächen neue Impulse erfährt und trotz Innenstadtverdichtung  Nutzgehölze und –pflanzen wieder mehr Beachtung finden und Einzug halten.